Wann immer ich mit Gläubigen spreche, läuft es nach einer Weile aus den verschiedensten Gründen auf ein Thema hinaus: Atheismus.
Auffällig dabei ist, dass ich mich immer
wieder den exakt gleichen Vorwürfen zu stellen habe. Der Atheismus sei für so furchtbare
Verbrechen verantwortlich, der Atheismus würde keine moralische Grundlage
liefern, der Atheismus sei auch nur ein Glaube und, und, und.
Darauf möchte ich gern im Folgenden Bezug
nehmen.
Ich werde mich eingangs um eine sehr kurze
Erklärung bemühen, die kurz umreißen soll, was Atheismus eigentlich ist. Im
Hauptteil möchte ich mich dann mit den populärsten Vorurteilen gegenüber dem
Atheismus beschäftigen und abschließend ein paar Konsequenzen daraus ableiten,
die ich ganz persönlich als Folge aus dem Atheismus zog und noch immer ziehe.
Zuerst einmal ganze Vorne angefangen, was
ist die Grundbedeutung von Atheismus? Das Bertelsmann Universallexikon
beschreibt einen Atheisten als einen „Gottesleugner im Sinn der Negation jeder
Art göttlicher Wirklichkeit.“ Passend dazu wird auf Wikipedia der Atheismus als
die „Überzeugung, dass es keinen Gott bzw. Götter gibt“ beschrieben.
Philosophen und prominente Atheisten prägten in der Vergangenheit immer wieder
die mit dem Naturalismus übereinstimmende Position, dass es „im Universum mit
rechten Dingen zugeht.“
Ich persönlich beschreibe Atheismus als
die Einstellung bzw. Ablehnung jedweder Gottesidee und ich denke, damit stimme
ich mit den obigen Erläuterungsversuchen ganz gut überein.
Vorab möchte ich noch eine kleine
Unterscheidung im Atheismus einführen, welche allein auf meiner persönlichen
Einschätzung beruht. Ich teile die Atheisten in 2 Gruppen ein: In die „natürlichen
Atheisten“ und die „bewussten Atheisten“.
Als „natürliche Atheisten“ bezeichne ich
die Menschen, die sich nie wirklich mit dem (bzw. irgendeinem) Theismus und den
dort enthaltenen Lehren beschäftigten und aus diesem Grund vollkommen
‚natürlich‘ nicht an eine Gottesidee glauben (so sind meiner Meinung nach z. B.
Neugeborene und kleine Kinder „natürliche Atheisten“, da sie von sich aus nicht
an einen christlichen oder jüdischen Gott glauben. Sie lehnen diesen Gedanken
zwar nicht bewusst ab, aber das liegt allein daran, dass sie ihn schlichtweg
nicht kennen und somit vollkommen davon befreit sind. Dieser Glaube an einen
Gott würde erst durch Fremdeinwirkung antrainiert). Als „bewusste Atheisten“
verstehe ich diejenigen, die durch ihnen bekannte Gründe (ob rational oder
irrational sei dahingestellt) und bei klarem Verstand die Idee eines Gottes
ablehnen.
Jedenfalls, der Atheismus ist die
schlichte Ablehnung. Aus diesem Grund ist es auch unmöglich, ihn mit dem
Christentum oder einer anderen Religion zu vergleichen, womit ich beim ersten
Vorwurf wäre:
„Der Atheismus ist doch
auch nur eine Religion/ein Glaube!“
Eben nicht. Der Atheismus ist kein Glaube,
sondern die Ablehnung des Glaubens. Oft geht mit diesem Einwand der Vergleich mit
dem etablierten Monotheismus einher. Jedoch ist es äußerst unüberlegt, einen
Vergleich anzustellen und zwar aus folgendem Grund: Ein Monotheismus
charakterisiert sich immer durch eine gewisse Ideologie und dadurch mit diversen
Inhalten. Im Falle des Judentums, Christentums und des Islams ist das ganz klar
der Gedanke an einen persönlichen Gott, welcher Gebete erhören und eingreifen
kann, die elitäre Stellung der jeweiligen Gläubigen und aus heiligen Büchern zu
entnehmende Moralvorstellungen. Dem Atheismus jedoch „fehlen“ jegliche Inhalte.
Er ist komplett frei von Moralvorstellungen (was wiederum einen eigenen Vorwurf
an den Atheismus darstellt, aber dazu später mehr), frei von der Emporhebung
einer gewissen Bevölkerungsgruppe als auserkorenes Volk und erst recht frei von
der Idee eines Gottes.
Theismus - gefüllt mit Inhalten |
Damit sollte klar gezeigt sein, dass man
den Atheismus schlichtweg etwas ganz anderes ist als eine Religion. Denn das
Vorhandensein von Inhalten ist nur schwer mit dem nicht-Vorhandensein von
Inhalten zu vergleichen, so wie der Aus-Schalter am Fernseher nicht auf einen
anderen Kanal wechselt, sondern den Fernseher ausschaltet. Dies im Hinterkopf
behaltend sind im Grunde fast sämtliche Argumente und Behauptungen gegen den
Atheismus widerlegt. Wenn es doch nur so einfach wäre…
Infolge der Darlegung und der Erklärung
des Atheismus trifft man recht schnell auf einen Einwand, welcher auf den
ersten Blick relativ überzeugend wirkt:
„Du glaubst doch nur,
dass Gott nicht existiert, ebenso wie ich glaube, dass er existiert.“
Kurz und knapp: Vollkommen richtig. Kein
einziger Atheist auf der Welt kann beweisen, dass es Gott nicht gibt. Aber ebenso wenig kann irgendjemand auf der Welt
beweisen, dass es den Weihnachtsmann, den Osterhasen, Elfen oder Trolle nicht gibt. Tatsächlich ist die Person,
die eine Behauptung aufstellt in der Beweislast. Und die Behauptung ist nun
einmal, es würde einen Gott geben (sich rhetorisch für begabt haltende Theisten
versuchen gern die recht abgedroschene Argumentation, ein Atheist würde
die Behauptung aufstellen, es gäbe keinen Gott, also müsse dieser es
beweisen. Das ist natürlich eine leicht zu durchschauende Verkehrung der
Tatsachen.). Bei dieser Gelegenheit sollte mit einem Gerücht über den Atheismus
aufgeräumt werden: Der Atheismus besagt nicht, es gäbe keinen Gott und man
könne dies beweisen. Eine bislang nicht
bewiesene Behauptung ist auch nicht zu widerlegen, da die zu widerlegenden
Beweise schlichtweg fehlen. Ich und viele andere bewusste Atheisten sehen im
Atheismus viel eher die Aussage, dass es keinen vernünftigen Beweis bzw. Grund
gibt, an einen Gott zu glauben.
Hierbei sollte nicht ganz unbeachtet
bleiben, dass mit dem religiösen Glauben in den seltensten Fällen ein
„nicht-Wissen“ gemeint ist. Viel eher ist es oftmals so, dass ein religiöser
Glaube ein unbedingtes Fürwahrhalten bedeutet, absolut unzugänglich für jedwede
Art von Kritik oder Widerwort. Jedoch wird das „Glauben, es gäbe keinen Gott“
als schlichte Vermutung oder fehlendes Wissen abgetan.
Diese Erklärung bietet an einer bestimmten
Stelle einen hervorragenden Aufhänger für einen weiteren Vorwurf an den
Atheismus. Weiter oben schrieb ich, dem Atheismus würden im Vergleich Inhalte
„fehlen“. Er sei frei von Moralvorstellungen. Ist das so?
„Und wie weißt du dann,
was gut und schlecht ist? Woher nimmst du deine Moral?“
Unzählige Male durfte ich mich diesen
Fragen stellen. Und ich muss gestehen, dass sie ein furchtbares Armutszeugnis
für den Fragesteller bescheinigen. Aber darauf möchte ich noch nicht eingehen,
sondern es später nachholen.
Die Beantwortung der Frage ist relativ
simpel: Der Atheismus beschäftigt sich nicht mit Fragestellungen nach der
moralischen Aufrichtigkeit oder dem Einschätzen und Beurteilen von moralischen
Belangen. Daher müssen für solche Themen andere Quellen zu Rate gezogen werden.
Tatsächlich ist eine ethische Basis einer Gesellschaft genau genommen einzig
dann möglich, wenn ein atheistisches Grundverständnis vorhanden ist. Das klingt
wie eine ziemlich gewagte Behauptung, welche ich jedoch nicht unbegründet
lasse:
In der praktischen Ethik geht es darum,
möglichst faire Lösungen für diejenigen zu finden, die an einem Konflikt
beteiligt sind. Im Theismus spielt jedoch nicht die faire Lösung für die
Beteiligten eine Rolle, sondern die religiös geprägte Einschätzung der Lage
(und dass diese sich nicht immer nach den menschlichen Bedürfnissen und einer
entsprechenden Fairness ausrichtet, wird jeder verstehen, der eine
schariakonforme Steinigung einer Ehebrecherin sehen durfte). Wird in einer
Konfliktsituation erst einmal der angeblichen Meinung einer göttlichen Position
Wert verliehen, besteht im Allgemeinen keine Basis mehr für ethisches Handeln.
Natürlich bedeutet das nicht, dass religiöse Menschen unfähig zu ethischem
Handeln sind, mitnichten. Jedoch ist die religiöse Basis kaum brauchbar, wenn
es um die faire Konfliktlösung zwischen Gläubigen verschiedener Religionen
untereinander und Glaubensfreien, sprich Atheisten, geht.
Das heißt, um es kurz zu fassen: Moral
(ausnahmsweise als Synonym für Ethik) und das Beurteilen von ‚gut‘ und
‚schlecht‘ müssen auf der Basis von menschlichen Interessen im Einklang mit den
Umständen passieren. Eine theistische Position wäre in diesem Falle höchst hinderlich,
da diese meistens nicht verhandelbar ist, somit kann keine wirklich faire
Übereinkunft getroffen werden.
Natürlich ist obiges kein Inhalt des Atheismus. Denn wie bereits angeführt, ist der
Atheismus frei von Inhalten. Jedoch ist dies eine Antwort auf den Vorwurf, als
Atheist sei man ein Mensch ohne moralische Vorstellungen. Der Atheismus
beschäftigt sich mit solchen Fragen nur nicht. Das heißt aber nicht, dass ein
Atheist sich auch nicht damit beschäftigen würde. Ein fataler Fehlschluss, der
aus dem bereits als unzulässig entlarvten Vergleich zwischen Theismus und
Atheismus entsteht. Während ein Christ sich mit sämtlichen Inhalten seiner
Ideologie identifiziert, wird fälschlicherweise angenommen, dass der Atheist
sich ebenfalls nur mit dem Atheismus identifiziert, welcher ja keine
vergleichbaren Inhalte besitzt.
Behält man dies im Hinterkopf, ist der
nächste Vorwurf eine einzige Farce, jedoch sollte er aufgrund seiner
inflationären Anwendung Erwähnung finden.
„Der Atheismus hat die
schlimmsten Untaten hervorgebracht, Hitler war ein Atheist und der Atheismus
ist schuld am Holocaust!“
Stalin und Mao werden auch gerne im
gleichen Atemzug genannt, jedoch spielt dies bei der Widerlegung keine Rolle.
Natürlich könnte man auf den Personenkult um Hitler (oder Stalin und Mao) Bezug
nehmen, welcher sicherlich religiöse Züge hat. Auch könnte man erwähnen, dass
sich in Hitlers Buch „Mein Kampf“ klare Bezüge auf den christlichen Auftrag
finden lassen, dass der Hass auf Juden durch den Apostel Paulus und Martin Luther,
höchst religiöse Menschen, bereits weit verbreitet war. Aber das alles ist im
Grunde gar nicht so wichtig. Denn es spielt keinerlei Rolle, ob jemand zum
Zeitpunkt seines Handelns Atheist ist oder nicht. Sondern ob die ausschlaggebenden
Motive auf dem Atheismus beruhen. Und diese Frage ist ganz direkt zu verneinen.
Denn wie sollen die fehlenden Inhalte des Atheismus verantwortlich sein? Man
könnte auch die Frage provokativer und damit eindeutiger stellen: Welche
Inhalte des Atheismus waren verantwortlich? Die Frage beantwortet sich von
selbst.
Bezeichnend ist, wie wenig durchdacht der
Vorwurf ist. Nehmen wir mal an, Hitler wäre Atheist gewesen. Wäre dies ein
Beweis dafür, dass der Atheismus solch ein Übel hervorbringt? Nach der gleichen
Logik müsste bei jedem Vergewaltiger, welcher der Katholischen Kirche angehört,
der Grund für die Vergewaltigung in der christlichen Lehre gesucht werden.
Noch einmal in aller Deutlichkeit: Es
spielt keine Rolle, welcher Ideologie, welchem Glauben oder Unglauben jemand
anhängt. Wichtig ist einzig und allein, ob die Motivation für die Handlung im
Glauben oder der Ideologie begründet liegt. Das lässt sich bei etwas
Inhaltsleerem wie dem Atheismus nur sehr schwer und höchstens mit einer dicken
Portion Unwissen oder bösartiger Ignoranz bewerkstelligen.
Eigentlich läuft es immer wieder auf das
Gleiche hinaus – Der Atheismus ist inhaltsfrei, komplett wertfrei. Eine
perfekte Vorlage für jeden Gläubigen, der im Atheismus Anarchie, Mord und
Todschlag befürchtet:
„Im Atheismus ist ohne
Gott doch alles erlaubt!“
Stimmt das? Gibt es keine Grenzen? Bevor
ich diesen irrigen Gedanken richtig stelle, möchte ich kurz auf die
Dreistigkeit dieser Unterstellung eingehen. Schaut man sich die Geschichte des
Monotheismus an, so scheint es doch viel eher so, dass gerade mit
Gott so ziemlich alles erlaubt ist. Kriege, Hinrichtungen, das Verbrennen von
Frauen aufgrund ihrer Haarfarbe, Vergewaltigungen, das Abhacken von
Körperteilen, Kindsmorde, Menschenopfer, Sklavenhaltung, das Verbieten von lebensrettenden
Medikamenten, Diskriminierung von Homosexuellen, Hetze, Beschimpfung und
schließlich Mord an Ärzten, welche Abtreibungen durchführten, sogar das
Ermorden von Menschen aufgrund von gezeichneten Comics ist mit Gott an der
Seite gestattet. Ganz im Sinne des „Deus lo vult“ der Kreuzzüge. Gott will es.
Atheismus - Frei von jeglicher Moral? |
Wie im vorangegangenen Vorwurf kann dieser
nur durch Unwissen oder Ignoranz getätigt werden. Denn auch hier zeigt sich, dass
es ein gnadenloser Fehlschluss wäre davon auszugehen, ein Atheist identifiziere
sich einzig und allein mit dem Atheismus. Erneut wird deutlich, wie
unvergleichbar Atheismus und Monotheismus sind, da in letzterem eine derartige
Identifizierung absolut Sinn ergeben würde, aber bei ersterem? Keinesfalls.
Jedoch gibt es tatsächlich diverse Dinge,
die einem Atheisten erlaubt sind, wo jedoch der Gläubige an Grenzen stoßen mag.
Ein Atheist darf Schweinefleisch essen, so viel er will und wann immer er will,
ein Atheist darf am Ramadan essen und trinken, so viel er will, wann er will
und ein Atheist muss nicht mit dem Gedanken leben, ein sündhafter und durchweg
verdorbener Mensch zu sein, welcher einzig und allein durch die telepathische
Annahme eines vor 2000 Jahren gestorbenen Juden gerettet werden kann.
Insofern, ja, einem Atheisten sind dank
der Befreiung der Gottesidee weniger Grenzen gesetzt und mehr Freiheiten
gestattet. Aber diese Freiheit mag auch einen negativen Charakter haben, wie
der letzte Vorwurf zeigt:
„Ohne Gott ist das Leben
doch sinnlos. Ein Atheist hat keinen Sinn im Leben!“
Dieser Vorwurf ist der mit Abstand
unüberlegteste, gehässigste, dreisteste und außerdem ist er an Impertinenz kaum
zu überbieten.
Die Tatsache, dass viele Gläubige sich außer
Stande sehen, einen Sinn im Leben ohne die Abhängigkeit an einen Gott zu finden
ist bei weitem keine Berechtigung, eben diesen den anderen Menschen
abzusprechen. Jedoch möchte ich im Detail nicht zu sehr darauf eingehen.
Tatsächlich muss man als Atheist das
Eingeständnis machen, dass der Atheismus keinen Sinn für das Leben liefert.
Aber ist das ein Problem?
Das ist mitnichten der Fall. Denn aus der
Tatsache, dass der Atheismus keinerlei Sinn für ein Leben liefert, resultiert
eine ungeheure Freiheit und ebenso die große Verantwortung, sich eigenständig
Gedanken zu machen und ohne Zwang einen persönlichen Sinn für das eigene Leben
zu finden. Ich habe jedoch vollstes Verständnis dafür, dass diese Freiheit
sowie Verantwortung für nicht wenige Menschen eine ungeheure Last darstellen
und es als angenehmer empfunden wird, von beidem befreit zu sein (dieses „Dilemma“ beschrieb Hannah Arendt
eindrucksvoll in ihrem Buch über Adolf Eichmanns Prozess in Jerusalem, in dem
sie unter anderem herausarbeitete, wie Herr Eichmann eine ganz persönliche Art
von Freiheit dadurch erlebte, dass er in einer Befehlskette klar Anweisungen zu
befolgen hatte).
Aber man sollte davon absehen, die eigene
(wohl in den meisten Fällen religiös bedingte) Abhängigkeit von der „Vorgabe
des Sinns und Abnahme der Verantwortung“ insofern als allgemein gültig zu
erklären, dass ein jeder Mensch unter der Knute der Abhängigkeit steht oder
zumindest zu stehen habe.
Für mich persönlich ist genau dieser
Sachverhalt ein großer „Sinn im Atheismus“. Insofern wird mein eigener
Atheismus mit etwas gefüllt, er bleibt kein „leeres Nichts“. Und das ist nicht
der einzige Umstand, welcher ihm Inhalt verleiht, es gibt noch mehr.
Als Bereicherung habe ich ebenfalls das
Erkennen der Tatsache empfunden, dass mit allergrößter Wahrscheinlichkeit
sämtliche Gottesbilder sowieso deren Schriften und die darin enthaltenen
Anweisungen besonders in Bezug auf Ethik und Moral rein menschlich erdacht
sind. Das bedeutet, dass es meine Freiheit und Verantwortung (wieder diese
beiden Komponenten, sie können meiner Meinung nach niemals gesondert
voneinander stehen) ist, eben diese Inhalte zu hinterfragen, sobald ich damit
in Kontakt trete. Und zwar gänzlich unabhängig von einer göttlichen
Verfasserautorität, welche möglicherweise Kritik oder Ablehnung mit Strafe
ahnden würde. Eine Hinterfragung auf rein ethischer Basis, das heißt nur unter
Berücksichtigung der Interessen derjenigen Personen, die beteiligt sind, kann
in einem Theismus auf keinen Fall stattfinden, da die göttliche Komponente nun einmal
Erwähnung finden muss, wie ich
weiter oben darlegte.
Als es um den Einwand ging, im Atheismus
finde sich keine Moral oder Ethik, stellte ich die Behauptung auf, dies sei ein
furchtbares Armutszeugnis für den Fragesteller. Darauf möchte ich noch kurz
eingehen. Schon oft hörte ich, wie gesagt wurde, unsere gesellschaftlichen
Werte gingen auf Jesus und die 10 Gebote zurück. Und schon oft hörte ich in
persönlichen Gesprächen, man würde seine moralischen Vorstellungen aus der
Bibel oder dem Koran ziehen. Ganz im Ernst? Gibt es keine andere Quelle? Bedeutet
es, man wäre ohne heilige Schrift komplett hilflos und wüsste nicht, dass es
falsch ist, einen anderen Menschen zu ermorden? Und dass es falsch ist, zu
stehlen? Und wie lebten die Menschen vor
den 10 Geboten? Hatten sie etwa nicht gewusst, was in Ordnung und was falsch
wäre (tatsächlich zogen die Israeliten laut der Bibel mordend und plündern
durch die Lande, jedoch taten sie dies eher durch göttliche Gebote und nicht trotz göttlicher Gebote…)?
Wer zugibt, solch heilige Schriften als
Leitfaden für moralisches Handeln zu benötigen (und kaum etwas anderes ist die
Frage nach der Quelle für moralisches Handeln beim Atheisten) zeigt doch, im
Kern ein unmündiges Lebewesen zu sein, welches mit der bereits angesprochenen
Freiheit und der damit einhergehenden Verantwortung kaum umzugehen weiß.
Mein persönlicher Atheismus bedeutet, aus
dem Theismus zu lernen. Zu erkennen, dass im Theismus keine ethische Basis
herrscht. Zu erkennen, dass ein Hinterfragen kaum möglich und, noch schlimmer,
kaum erlaubt ist. Und zu erkennen, dass es in meiner Verantwortung liegt, mit
der mir eigenen Freiheit sinnvoll etwas anzufangen.
Erkenntnisse, die für mich ohne das
Verstehen des Atheismus verborgen geblieben wären.
Wie eingangs erwähnt war mein Vorhaben
darzulegen, was der Atheismus überhaupt ist, was es mit den wohl am meisten
verbreiteten Vorwürfen auf sich hat und was meine ganz persönlichen
Konsequenzen aus dem Atheismus sind.
Ich hoffe, dass mir das einigermaßen
gelungen ist. Falls es Gegenstimmen wider dem gibt, was ich schreibe, würde ich
mich freuen, mich mit diesen auseinandersetzen zu dürfen. Denn ich bin Atheist
– und ich darf das.